Heiligtum der Isis und Mater Magna , Mainz

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Heiligtum der Isis und Mater Magna (Mainz)

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Das gemeinsame Heiligtum der Isis und Mater Magna entstand im römischen Mogontiacum im 1. Jahrhundert n. Chr. und bestand bis in das 3. Jahrhundert. Bei Bauarbeiten zur neuen Einkaufsgalerie "Römerpassage" in der Mainzer Innenstadt wurden dessen bauliche Überreste Ende 1999 entdeckt und freigelegt. Umfangreichen Kleinfunde, die dabei gemacht wurden, erlauben die detaillierte Rekonstruktion religiöser Kultpraktiken der römischen Zeit in der Provinz. Die baulichen Überreste, ausgewählte Funde und eine multimediale Rahmenpräsentation sind in Form eines kleinen Museums im Untergeschoss der Römerpassage zu besichtigen.

Geschichtlicher Hintergrund

13/12 v. Chr. begann mit dem Bau eines Legionslagers auf dem Mainzer Kästrich (Erhebung oberhalb des Rheintals) die fast 500 Jahre dauernde römische Präsenz in Mainz. Die sich schnell entwickelnden Canabae an den Hängen des Kästrich hin zum Rhein sowie öffentliche Bauten der späteren Provinzhauptstadt wie Thermen, Theater, Verwaltungsgebäude und Tempel folgten schnell, vor allem zu Zeiten des flavischen Kaiserhauses. In diese Zeit fällt auch die Errichtung der Tempelanlage für Isis und Mater Magna.

Im Heiligtum in Mogontiacum wurden laut den gefundenen Inschriften sowohl Isis (hier mit den Zusätzen Panthea und Regina versehen) und der ursprünglich orientalischen Muttergottheit Mater Magna (häufig auch Magna Mater geschrieben) gehuldigt. Diese Gottheiten brachten die römischen Truppen im Rahmen ihrer Inbesitznahme des linksrheinischen Galliens und dem darauf folgenden Vordringen der römischen Kultur mit an den Rhein. Der Kult der Isis stammt ursprünglich aus Ägypten, die Gottheit Mater Magna geht auf die kleinasiatische Göttin Kybele zurück. Beide Kulte hatten im römischen Reich bereits eine längere Tradition: Kybele/Mater Magna wurde seit dem Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. in Rom verehrt. Isis war bereits seit langem im ägyptischen Pharaonenreich Bestandteil des Pantheon. Über die Ptolemäer und den hellenistischen Kulturkreis kam dann auch das römische Imperium in Kontakt mit dem Isis-Kult. Dieser erlangte in höchsten Kreisen Bedeutung wie die Einweihung Kaiser Caligulas in die Mysterien der Isis zeigt. In der neuen Provinz Germania Superior mit seiner Provinzhauptstadt Mogontiacum waren diese Kulte hingegen neu.

Weiheinschriften belegen die Verbindung des flavischen Kaiserhauses mit der Errichtung des Heiligtums sowie der Zusammenhang zwischen Stiftung des Heiligtums und einem politisch brisanten Anlass für die Weihung. Ebenso wie das julische Kaiserhaus mit Venus versuchte das flavische Kaiserhaus über die Etablierung von Isis als persönlicher Schutzgöttin eine Legitimierung ihrer dynastischen Stellung zu fördern. Gefundene Ziegel mit militärischen Ziegelstempeln lassen in diesem Kontext auf ein im staatlichen Auftrag errichtetes Gebäude schließen.

Das Heiligtum wurde in den nächsten 200 Jahren mehrfach grundlegend umgebaut. Gegen Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr., eventuell sogar erst später, wurde der Kult der Isis und Mater Magna in Mainz nicht mehr praktiziert. Das Heiligtum wurde aufgegeben und der Gebäudekomplex verfiel. Wahrscheinlich lag das Gelände aufgrund der Randlage im frühmittelalterlichen Mainz längere Zeit brach. Erst im Mittelalter wurde es mit Klosteranlagen und Patrizierhöfen überbaut.

Wiederentdeckung, Ausgrabung und Rettung

1999 sollte eines der letzten innerstädtischen Areale mit Nachkriegsbebauung aus den 50er Jahren städtebaulich aufgewertet werden. Um eine Einkaufspassage zu errichten, wurde die vorhandene Bebauung abgerissen und für die Fundamente eine entsprechend große Baugrube ausgehoben. Seitens der Archäologischen Denkmalpflege, Amt Mainz, wurde das Bauprojekt begleitet. Da in diesem Areal die Römerstraße vom Legionslager in Richtung Rheinbrücke verlief (Teile davon wurden bei den Ausgrabungen freigelegt), rechneten die Beteiligten mit einer typischen Streifenhausbebauung und kleineren Werkstätten aus der Römerzeit.

In fünf Metern Tiefe stieß man Ende 1999 unerwartet auf zwei archäologisch wichtige Befunde: Die Reste eines Heiligtums aus römischer Zeit sowie auf einen darunter liegenden rund 700 Jahre älteren Bestattungsplatz der Hallstattzeit aus dem ausgehenden 8. Jahrhundert. Bei den sich anschließenden archäologischen Grabungen wurden sowohl der Gebäudekomplex des Heiligtums wie auch ein Frauengrab des hallstattzeitlichen Begräbnisplatzes, datiert auf 680–650 v. Chr., freigelegt. Die Ausgrabungen dauerten rund 17 Monate und endeten Anfang 2001. Zur weiteren archäobotanischen und archäozoologischen Auswertung wurden dem Ausgrabungsareal 15 Tonnen Erdreich entnommen, zusätzlich zu 49 m³ weiteren geborgenen Fundmaterials.

Zunächst war vorgesehen, die baulichen Überreste nach der archäologischen Dokumentation zu entfernen und mit den Bauarbeiten zur Einkaufspassage fortzufahren. Ein ähnliches Schicksal erlitt bereits das in den 70er Jahren gefundene, ebenfalls aus dem 1. Jahrhundert stammende, Mithräum am Ballplatz, das – unzulänglich dokumentiert – bei den Bauarbeiten unwiederbringlich zerstört wurde. In der Mainzer Bevölkerung formierte sich schnell Widerstand gegen diese Pläne und eine neu gegründete Bürgerinitiative, die Initiative Römisches Mainz e.V., sammelte innerhalb kurzer Zeit mehrere 10.000 Unterschriften für den Erhalt des Heiligtums.

Erreicht wurde dadurch eine dauerhafte Konservierung des Heiligtums und dessen Einbeziehung in die neu gebaute Einkaufspassage – allerdings wurden die Befunde dazu transloziert. Die baulichen Überreste des Heiligtums wurden in einer aufwändigen Aktion zerlegt, mehrere Meter versetzt und neu ausgerichtet. Die dabei entstandenen Kosten von 3,43 Millionen Euro teilten sich die Stadt Mainz und das Land Rheinland-Pfalz. Seit der feierlichen Eröffnung im August 2003, zu dem Fest kamen schätzungsweise 25.000 Besucher in die Mainzer Innenstadt, kann das Heiligtum der Isis und Mater Magna in der so genannten Taberna archaeologica im Kellergeschoss der Einkaufspassage besichtigt werden.

Das antike Heiligtum

Bei dem Heiligtum handelte es sich nicht um einen Tempel nach römischer Bauweise sondern um einen Sakralbezirk mit Umfassungsmauer und verschiedenartigen Bauwerken. Über ca. 200 Jahre wurde der Bezirk mehrfach, teils grundlegend umgebaut. Das Heiligtum entstand im letzten Drittel des 1. Jahrhunderts n. Chr. auf bis dahin unbebautem Gelände entlang der Hauptstraße vom Legionslager auf dem Kästrich Richtung Rheinbrücke. Auf dem Gelände waren zu dieser Zeit noch die Erdaufschüttungen der Hallstattgräber zu sehen. Den Erbauern galt es deshalb wahrscheinlich als "Heiliger Bezirk" und das Heiligtum wurde bewusst an dieser Stelle platziert. Auch ein sorgfältig gemauerter Schacht, der absichtlich in die Mitte der Grabanlage unter dem Heiligtum geführt wurde, zeugt davon.

Von der Hauptstraße führte ein Seitenweg zum Heiligtum. Im Umfeld befanden sich eine Latrine sowie einfache Fachwerkbauten. Diese waren mit Herden und Brunnen ausgestattet und lassen auf eine Verwendung als Versammlungs- und Kulträume schließen. Zur ersten Anlage gehörten dazu noch zwei kleinere Rechtecktempel. Spätere Umbauten datieren in das 2. Jahrhundert und vergrößerten das Heiligtum auf eine ca. 16×16 m große Fläche. Zwei gleichgroße Innenräume wurden von weiteren, kleineren Räumen umgeben. In der Mittelachse gab es eine zentrale Brunnenstube, die wahrscheinlich im Kultbetrieb eine Rolle spielte. Eventuell diente sie als Quelle für das im Kultbetrieb benötigte "Heilige Nilwasser". Im Gebäudekomplex, gegenüber den Haupträumen, wurden drei massiv gemauerte Steinsockel gefunden. Wahrscheinlich dienten sie als Altäre. Im zum Heiligtum gehörenden Innenhofbereich fanden sich zudem zahlreiche Feuerstellen mit verbrannten Opfergut und Depotgruben.

Bei den Bauten handelte es sich durchweg um Fachwerkbauten mit steingemauerten Sockelzonen. Die Wände aus Flechtwerk wurden allerdings durch aufgetragenen Verputz und dessen Bemalung aufgewertet. Bei den Ausgrabungen fanden sich Hunderte von bunt bemalten Putz- sowie Stuckfragmenten. Ein größeres Wandfragment zeigt auf rotem Untergrund Teile der Abbildung des Anubis mit Heroldstab und Palme, wie in der antiken Literatur bei Apuleius beschrieben. An den Sockelmauern wurden zudem Reste von weiß getünchten Stuckfragmenten in situ aufgefunden. Der Boden des Heiligtums bestand offenbar lediglich aus Stampflehm da bei den Grabungen keinerlei Estrichreste gefunden wurden. Eingedeckt waren die Gebäude mit Dachziegeln und Holzschindeln. Bei den aufgefundenen Ziegeln überraschte die hohe Anzahl von militärischen Stempeln, so z. B. der "Mainzer Hauslegion" Legio XXII Primigenia, der Legio I Adiutrix oder der Legio IIII Macedonica.

Taberna archaeologica

Im Zuge der Rettung der baulichen Überreste wurde das Heiligtum im Bauzustand 2. Jahrhundert geborgen und konserviert. Eingebaut wurde das Heiligtum im Kellergeschoss der Römerpassage in fünf Metern Tiefe (entspricht der Fundtiefe) und exakter ehemaliger Ausrichtung. Zusammen mit der Geschäftstelle der Initiative Römisches Mainz im Erdgeschoss werden die Räumlichkeiten, die im August 2003 eröffnet wurden, auch als Taberna archaeologica bezeichnet. Die Präsentation des Heiligtums mit den wichtigsten Funden der Ausgrabung wurde mit Hilfe moderner Methoden der Museumspädagogik und multimedialer Technik aufwändig umgesetzt. Besucher können die im Raum zentral eingebauten Überreste des Heiligtums von allen Seiten über einen Glassteg begehen und einsehen. Mittels Diaprojektion werden verschiedene Abbildungen der Isis und Mater Magna inmitten der Mauerreste projiziert. Neben den Schauvitrinen vermitteln multimediale Komponenten anschaulich einzelne thematische Aspekte. Eine Filmproduktion zeigt eine nachgespielte Ritualszene mit einem Isis-Priester und eine Römerin, welche heimlich nachts einen Mitbürger verfluchen lässt. Dabei werden im Original ausgestellte Funde als Repliken in die Spielszenen eingebunden. In regelmäßigen Abständen wird eine Hörsequenz abgespielt in der Claudius Secundus (gesprochen vom Mainzer Kabarettisten und Musiker Lars Reichow), ein Bürger des römischen Mainz, über den Isiskult und die Saturnalien im römischen Mainz im Jahr 69 n. Chr. berichtet. Eine Diaserie und mehrere Computerterminals mit weiteren interaktiven Informationen und archäologischen Spielen für Kinder vervollständigen das Multimediakonzept. Zehn in die Wand eingebaute und mit einer anhebbaren Klappe verschlossene Schaukästen zeigen Originalfunde zum Kultgeschehen und erläutern Zusammenhänge. Informationstafeln, u. a. ein Plan des römischen Mainz nach derzeitigem Erkenntnisstand, vervollständigen die kleine Museumsausstellung.

Bedeutende archäologische Funde

Weiheinschriften

Bei den Ausgrabungen fanden sich neben Altären auch mehrere Weihesteine bzw. Teile von diesen. Sie ermöglichten einerseits die eindeutige Feststellung, welchen Gottheiten das Heiligtum gewidmet war. Andererseits konnten mit Hilfe der Inschriften auch der Bezug zu Vespasian und damit die Erstdatierung des Heiligtums gesichert werden.

Im Folgenden die drei wichtigsten Weiheinschriften:

Fragment einer Tabula ansata (Tafel mit zwei Handgriffen) aus Sandstein, welche an einer Mauer befestigt war. In der Inschrift wird Vespasian genannt, der vom 1. Juli 69 bis 23. Juni 79 römischer Kaiser war:

: (Vorname) Primigenius (Rasur)
: des Imperators Vespasianus Augustus
: Procurators Kassenverwalter
: hat auf Geheiß für die (große) Göttermutter
: (das Bauwerk mit Inschrift) errichten lassen.

Vollständig erhaltene Tabula ansata mit fast identischen Weiheinschriften für Mater Magna und Isis Panthea:

Für das Wohlergehen der Kaiser und des römischen Senates und Volkes und des Heeres haben für Isis Panthea (diese Inschrift setzen lassen) Claudia Icmas, Freigelassene des Kaisers, und Vitulus, kaiserlicher Sklave, unter dem Priester Claudius Atticus, (ebenfalls) Freigelassener.

Laut archäologischer Lesung lässt die ausdrückliche Nennung aller staatstragenden Institutionen (Kaiser, Senat, Volk und Heer) in den letzten beiden Inschriften auf einen politisch brisanten Anlass für die Stiftung schließen. Möglicherweise war die Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung nach einer Krisensituation, ausgelöst unter Beteiligung der Mainzer Legionen, die Ursache für diese Weihung und die Stiftung des Heiligtums insgesamt. Diese Schlussfolgerung wird unterstützt durch die bereits weiter oben erwähnte Häufung von Ziegel mit Militärstempel. Sie deuten darauf hin, dass die Baumaßnahmen entweder öffentlichen Charakter hatten oder zumindest aber staatlich mit der Stellung von Baumaterial gefördert wurden (vom Militär hergestellte Ziegel galten damals als so genanntes Fiskalgut).

Fluchtäfelchen

Zu den unmittelbar im Zusammenhang mit dem Heiligtum stehenden Funden gehören auch 34 Bleitäfelchen, die in Opfergruben gefunden wurden. Weltweit sind der Fachwelt fast 600 ähnliche Täfelchen bekannt, der Mainzer Fund verdoppelte die Anzahl in Deutschland gefundener Fluchtäfelchen auf einen Schlag. Diese sind mit Inschriften versehen, die sich nach ihrer Entzifferung durchweg als Verwünschungszauber darstellten. Ausnahmslos werden Menschen wegen Unterschlagung von Wertgegenständen oder Geld verwünscht, in einem Fall auch eine Nebenbuhlerin in einer Liebesangelegenheit. Die Durchführung solcher magischen Praktiken wie die Niederschrift von Verfluchungen durch Priester des Heiligtums fand nicht in der Öffentlichkeit statt sondern – aufgrund des Verbotes durch römische Rechtsprechung – nur im Verborgenen. Wie die Zahl der gefundenen "Fluchtäfelchen" und weitere, in diesen Kontext einzuordnende Funde, zeigen, gehörte die "Verfluchung auf Wunsch" gegen entsprechende Honorierung offensichtlich trotzdem zumindest zeitweise zum Alltagsgeschäft der Priester.

Die gerollten oder gefalteten Täfelchen sind in das Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. und in den Beginn des 2. Jahrhunderts n. Chr. zu datieren. Ihre Größe reicht von 3×5 cm bis 10×20 cm. Eine Tafel wurde um einen Hühnerknochen gewickelt aufgefunden, welcher als so genanntes "Sympathiemittel" den Zauber noch verstärken sollte und bis zu diesem Fund ausschließlich in Ägypten nachweisbar war. Die eingeritzten lateinischen Inschriften sind mit der damals weit verbreiteten Majuskelschrift oder der Majuskelkursive beschrieben. Während lediglich zwei Täfelchen Verwünschungstexte in Vulgärlatein beinhalten, sind zwölf Täfelchen in klassischem Latein und mit rhetorischen Ausschmückungen versehen. Zwecks göttlichen Beistands wurden auch Mater Magna und der mit ihr gemeinsam verehrte Attis gemeinsam oder jeweils separat angerufen. Ein Teil der Fluchtäfelchen wurde mittlerweile übersetzt wobei ältere Lesarten immer wieder durch neue, korrektere Lesarten ersetzt werden.

: Der Prima Aemilia, der Geliebten des Narcissus. soll es (so) ergehen:
: was auch immer sie versuchen wird, was auch immer sie tun wird,
: alles soll ihr verkehrt sein.
: Von Sinnen soll sie sich erheben, von Sinnen soll sie ihre Sachen tun.
: Was auch immer sich erheben wird, alles soll sich verkehrt erheben.
: Prima, der Geliebten des Narcissus, soll es so gehen:
: wie dieser Brief niemals erblühen wird, so soll jene niemals erblühen.

"Zauberpuppen"

Der Fund zweier Tonfiguren, so genannter Zauberpuppen, gewährt weitere Einblicke in die magisch-kultische Welt des Heiligtums. Es handelt sich um zwei grob modellierte Männerfiguren, die frei Hand geformt wurden. Sie waren in einem Graben bzw. einem Brunnen im Bereich des Heiligtums deponiert. Beide Figuren weisen über den gesamten Körper mehrere Einstichlöcher auf, so z. B. im Bereich des Herzens. Dieses rituelle Einstechen sollte dazu dienen, einen bestimmten Zauber gegen die gewünschte Person heraufzubeschwören, meist einen Liebeszauber. Eine der Figuren wurde zusätzlich zerbrochen, die beiden Hälften gegeneinander verdreht hingelegt. Dies sollte den Wunsch des Verfluchenden darstellen, dass die Person solange desorientiert sei, bis der Zauber Wirkung zeigt. Bei der größeren Tonfigur (siehe Abbildung rechts) wurde auch ein Bleitäfelchen gefunden, welche die Person für die Göttin eindeutig identifizieren sollte: Es trägt den romanisierten keltischen Namen "Trutmo florus Clitmonis filius" (Trutmo florus, Sohn des Clitmo).

Bronzefigur "Männlicher Zwerg"

Einer der kostbarsten Fundgegenstände ist die kleine Bronzefigur eines männlichen Zwerges. Entstanden wahrscheinlich schon im 1. Jahrhundert v. Chr., war sie zum Zeitpunkt ihrer Einbringung im Heiligtum bereits eine Antiquität. Die Figur ist von hoher künstlerischer Qualität und im Bronzevollguss hergestellt. Fuß- und Fingernägel sind aus Silber.

Die Figur zeigt einen mit Umhang und Haarbinde spärlich bekleideten Zwerg, der in leichter Rückenlage steht. Die ausgestreckte linke Hand hielt wahrscheinlich einen unbekannten Gegenstand, die rechte Hand führt zum lockenhaarigen Kopf. Möglicherweise stellt die Figur einen leicht trunkenen Teilnehmer einer Kultfeier dar.

Hallstattzeitliches Frauengrab

Im Rahmen der Ausgrabungen im Bereich des Heiligtums stießen die Archäologen unerwartet auf ein hallstattzeitliches Grabhügelfeld. Alle Grabstätten waren von Gräben umgeben und mit einem Erdhügel bedeckt. Mehrere der gefundenen Gräber wurden aufgedeckt. Diese waren aber durch die der Bestattung nachfolgenden Bautätigkeit gestört. Die Ausnahme machte ein Kammergrab, welches zwar von Grabplünderern zu einem späteren Zeitpunkt geöffnet wurde, aber relativ ergiebig war. Das Grab konnte nach den Erkenntnissen späterer Untersuchungen als hallstattzeitliches Frauengrab einer sozial höher gestellte Persönlichkeit angesprochen werden konnte. Gefunden wurden Gegenstände der persönlichen Ausstattung der Toten wie z.B. Schmuck, ein Geschirrservice und Reste des Totenbrettes. Das nicht im anatomischen Verband gefundene Skelett war zwar fast vollständig erhalten, Teile davon allerdings stark fragmentiert. Das Fundmaterial des Frauengrabes ließ damit sowohl dendroarchäologische wie auch anthropologische Untersuchungen zu.

Dendroarchäologische Untersuchungen

Im sterilen Rheinsand des Bodens der Begräbnisstätte hat sich das 2,20 x 0,9 m große Totenbrett gut erhalten. Untersuchungen des Labors für Dendroarchäologie in Trier erlaubten für das verwendete Holz und somit des Begräbnisses eine dendrochronologische Datierung von 680 bis 650 v. Chr. Die Funddatierung in diesen Zeitraum gilt als singulär in Rheinland-Pfalz und der Befund ist der bislang älteste Holzfund aus archäologischen Grabungen in Rheinland-Pfalz.

Anthropologische Untersuchungen

Die anthropologische Untersuchung der aufgefundenen Skelettreste ergab, dass es sich bei der bestatteten Person um eine Frau handelte, die zwischen 35 und 45 Jahre alt wurde. Die Person war zu Lebzeiten wenig muskulös und eher grazil, entsprach aber mit einer ermittelten Körpergröße von 159 cm dem damaligen Durchschnitt für Frauen. An den Skelettresten konnte keine Todesursache festgestellt werden. An pathologischen Veränderungen waren lediglich Abnutzungserscheinungen im rechten Kniegelenk (Arthrose) festzustellen sowie starker Zahnsteinbelag an den Zähnen und hier insbesondere an den Backenzähnen.

Anhand des zwar fragmentierten, aber insgesamt vollständig erhaltenen, Schädels ist geplant, nach gerichtsmedizinischen Methoden eine Rekonstruktion des Gesichtes vorzunehmen.

Sonstige Funde

Zusätzlich zu den genannten, besonders herausragenden, Funden wurde eine Vielzahl weiterer Kleinfunde gemacht. An Steinfunden kamen z.B. verschieden große Weihealtäre und -reliefs mit Inschriften oder Skulpturenfragmenten hinzu. Zahlreiche Stuck-, Putzfragmente und Ziegelfragmente werden weitere Hinweise auf bautechnische Details des ausgegrabenen Objektes geben. Die im Kultalltag üblichen Weihegaben wurden in größerer Anzahl gefunden: Bildnisse anderer Götter, insbesondere Merkur und Venus, aus Bronze oder Ton, in Masse produzierte Tonmodelle besonders beliebter Sujets wie Liebespaare oder Tierfiguren (als Ersatz für "echte" Tieropfer) sowie Geldmünzen aus Münzopfern oder beinerne Nadeln und bronzene Miniaturäxte. Männliche Tonfiguren in altertümlicher Rüstung sowie entsprechend gekennzeichnete Weiheinschriften stammten von den Pausarii, dem militärisch in Kultvereinen organisierten Personal des Heiligtums.

Mit rund 300, im Sakralbezirk gefunden, Öllämpchen sind diese ebenfalls sehr zahlreich vertreten. Alle Lampen zeigen am Brennloch Rußspuren, waren also in Benutzung. Die meisten Lampen wurden auf Brandopferstellen liegend vorgefunden. Hier wurden sie nach Beendigung des Opfervorgangs niedergelegt. Großformatige Öllampen gehörten zur Ausstattung des Heiligtums und wurden zur Beleuchtung der Räume verwendet.

Archäologisch bedeutend ist auch die große Anzahl von Opfergaben, die in Brandopfer- oder Entsorgungsgruben gefunden wurden: Tierknochen von Hennen und Vögel, verkohlte Reste von Backwaren, Kerne von Stein- und Kernobst, Nüsse, Getreide, Datteln und Feigen, Reste von Pinienzapfen, Hühnereier usw. Auch Kultgeschirr wie Räucherkelche oder Spendegefäße sowie Profangeschirr, wahrscheinlich für Kultmahlzeiten, wurden gefunden.

Archäologische Erkenntnisse

Die Auswertung der archäologischen Befunde, ihrer Zusammenhänge und ihrer wissenschaftliche Interpretation dauert nach wie vor an. Eine Präsentation erster Forschungsergebnisse ist angekündigt, bisher aber noch nicht erschienen. Trotzdem konnten von den mit der Auswertung befassten Archäologen schon wichtige Erkenntnisse gewonnen und eine Reihe von Aussagen zu dem Fund gemacht werden.

So war der wissenschaftlichen Fachwelt bislang nicht bekannt, dass der Isiskult bereits so früh in die Nordprovinzen vorgedrungen war. Die eindeutig ermittelbare Zeitstellung des Heiligtums in das letzte Drittel des ersten Jahrhundert n. Chr., genauer gesagt in die Zeit Kaiser Vespasians, führte zu einer Neubewertung dieser bisherigen Lehrmeinung. Auch wurde mit dem Mainzer Heiligtum erstmals außerhalb Italiens ein den beiden orientalischen Gottheiten gemeinsam geweihtes Heiligtum gefunden. In Mogontiacum war der Isiskult bis dahin nicht bzw. nur durch Kleinfunde, der Kult der Mater Magna erst ab dem Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. bezeugt. Auch die Anrufung des der Mater Magna zuzuordnenden Attis ist erstmals in den Mainzer Fluchtäfelchen belegt und war der Fachwelt bis zu diesem Zeitpunkt von anderen Funden her nicht bekannt.

Bei den Ausgrabungen wurde insgesamt eine Vielzahl von Befunden gemacht. Dabei nimmt das Frauengrab des Gräberfeldes der Hallstattzeit eine Sonderstellung ein und wird getrennt betrachtet. Dem Mainzer Grab wird ein auch überregional besonderer Platz in der eisenzeitlichen Forschung im Kontext der Dendrochronologie zugesprochen.

Im Zusammenhang mit dem Heiligtum wurden Weiheinschriften gefunden, deren Stiftungstext neben der daraus abgeleiteten Zeitstellung weitere Interpretationen über regional bedeutende politische Ereignisse zulassen. Weitere herausragende Schriftzeugnisse sind die gefundenen bleiernen Fluchtäfelchen, die zusammen mit aufgefundenen Zauberpuppen einen Einblick in die, nach römischem Recht verbotene und illegal praktizierte, magisch-rituelle Kultwelt der einfachen Provinzialrömer geben. Über Durchführung und Organisation des offiziell ausgeübten Kultes für Isis und Mater Magna geben vorgefundene Brandaltäre, Kleinfunde von Weihegaben und Opferdepots detailliert Auskunft. So wurden beispielsweise neben den üblichen Opfergaben wie Terrakotten oder Kleinbronzen bei den Brandopfern untypischerweise viele Knochen von erwachsenen Hähnen und Singvögeln gefunden, die im Heiligtum scheinbar als bevorzugte Opfertiere galten. Typischerweise wurden orientalischen Gottheiten eher Hennen geopfert, die Opferung von Singvögeln war bis dahin unbekannt und wurde erstmals im Mainzer Heiligtum aufgrund der Befunde nachgewiesen.

Insgesamt wurde mit dem gefundenen Isis- und Mater Magna-Heiligtum in Mainz ein weiteres wichtiges Detail der römischen Stadtgeschichte enthüllt. Nach wie vor stehen gesicherte Erkenntnisse beispielsweise über den Standort des Sitzes des Provinzstatthalters, des Forums, des Amphitheaters und vor allem des sakralen Bezirkes mit den Tempelanlagen für den Reichsgott Jupiter oder auch Juno von Mogontiacum aus. Für die provinzialrömische Forschung und dem im römischen Reich weit verbreiteten Kultwesen schließt das Heiligtum mit seinen Funden und deren archäologische Auswertung allerdings eine große Lücke.

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